Kreathon Urbane Logistik: Frische Ideen für urbane Logistik
100 Professionals, 30 Studierende, 10 Stakeholder, zwei Tage und unzählige Ideen: Beim innovativen Format Kreathon entwickelten 17 Teams in den Räumen der neuen KPMG-Niederlassung Hannover intelligente Lösungen für die städtischen Waren- und Güterströme von Morgen. Die Aufgabenstellungen für die Kreativarbeit gaben jeweils Unternehmen oder Institutionen als „problem owner“ ins Rennen. Sechs der Teams kürte die hochkarätige sechsköpfige Jury aus Forschung, Praxis und Medien am Freitagabend. Innerhalb von fast zwei Stunden stellten die konsequent interdisziplinär besetzten Teams in 5-minütigen Pitches mit anschließender Kurzfragerunde den Juroren in der großen Runde vor.
(Video: Deutsche Messe AG)
Aufgrund des hohen Anteils von Professionals vergab der Kreathon bei der Prämierung Sach- statt Geldpreise. Die Teams sollen ermutigt werden, die erarbeiteten Ansätze weiterzuentwickeln und Marktteilnehmern vorzustellen. Mit Teambuildung-Events werden sie zu weiterer gemeinsamer Arbeit angeregt.
Platz 1 (Präsentation bei der Projektinitiative Urbane Logistik Hannover): Robin Hood Shop (Problemstellung wurde von VersaCommerce/HannoverImpuls eingebracht) Bei dieser digitalen Plattform sollen lokale Händler wieder stärke ihren Kunden zusammenbracht werden, die zunehmend in globale online-Shops abzuwandern drohen. Insbesondere Echtzeit-Infos über Verfügbarkeit und die Reservierungsmöglichkeit zu Produkten sollen wieder in die Innenstädte locken.
Platz 2 (Präsentation vor dem Themenkreis Urbane Logistik der Bundesvereinigung Logistik/BVL): Smurlo.de (Problemstellung wurde von der Landeshauptstadt Hannover eingebracht) Dahinter steht die Idee für die digitale Plattform Smarte Urbane Logistik. Verkehrsbehinderungen durch auf der Fahrbahn parkende Lieferfahrzeuge sollen durch gekennzeichnete Multi-Use-Flächen im öffentlichen Raum vermieden werden. Logistikunternehmen können diese temporär über eine App buchen.
Platz 3 (2 Tage Coaching durch NEXSTER): HDL – Haltestellen Depot Logistik (Problemstellung wurde von der DHL eingebracht) Das Team will vorhandene Logistik nutzen und deshalb die Lieferungen auf Straßenbahnlinien in Verbindung mit innerstädtischen Fahrradkurieren abwickeln. Automatisiert fahrende, kleine LOVEs (LieferungsOrientierte VerkehrsEinheiten) fahren auf den Stadtbahnlinien mit – am besten bei oberirdischen Netzen wie in Bremen.
Die Teams der Plätze 1 bis 3 werden zu einem erneuten Pitchen ihres Geschäftsmodells zur Hannovermesse 2019 eingeladen.
Sonderpreis VWN (ein Tag mit Fahrevent in der Autostadt Wolfsburg): RaQune (Problemstellung wurde von Samvoo / NEXSTER eingebracht) Deren digitale Plattform zielt nicht nur auf effizientere Abfallentsorgungsfahrten, sondern will auch helfen, weniger Müll zu verursachen. Eine App hilft Konsumenten, nachhaltige, regional und wenig energie- und abfallintensive Produkte zu erkennen. Bonussysteme reizen an, diese bevorzugt zu wählen.
Sonderpreis DHL (Besuch des Streetscooter-Werks in Aachen): Park Rangers (Problemstellung wurde von der DHL eingebracht) Deren App vermittelt in Echtzeit kurzzeitig nutzbare private und gewerbliche Flächen an Lieferdienste, die diesen als verkehrsregelkonforme Haltepunkte dienen. Die Transparenz und Echtzeitverfügbarkeit erreicht das System über ein batteriegestützte Sensorik.
Sonderpreis KPMG (Teilnahme an deren Hackathon): Urban Logistic Insights – ULI (Problemstellung wurde von der BVL eingebracht) Mit dem übergreifenden Datenpool ULI will das Team mehr Transparenz zum Waren- und Gütertransport in den Städten herstellen. Das Instrument soll den Städten und Unternehmen helfen, eine zukunftsfähige Logistik zu gestalten und durch Auswertung des Datenpools neue Lösungen entwickeln.
Bewertung und Methoden
Die Jury des Kreathons Urbane Logistik 2018 setzte sich zusammen aus:
- Prof. Dr. Josef von Helden, Präsident der Hochschule Hannover,
- Rüdiger Prang, Projektleiter Urbane Logistik bei Volkswagen Nutzfahrzeuge,
- Dominic Franz, KPMG, Director Transport & Leisure,
- Mario Leupold, Bereichsleiter Gründung und Entrepreneurship bei HannoverImpuls,
- Conrad von Meding, stellvertretender Ressortleiter der HAZ, und
- Robert Thielicke, Chefredakteur des Technology Review.
Maßgeblich für Bewertung der Ideen waren vier Kategorien:
- Impact/Wirkung (welchen Mehrwert, Kundennutzen bieten sie?)
- Innovation (deren Neuheitsgrad, Einzigartigkeit)
- Realisierung (deren Umsetzbarkeit, Traction/Zugkraft)
- Performance (die Qualität der Präsentation durch das Team und deren Spirit)
Das inhaltliche Konzept und die Methodik entwickelte Prof. Dr. Christian Lehmann mit dem Team von NEXSTER, dem Entrepreneurshipcenter der Hochschule Hannover. Zur Anwendung kamen Techniken aus dem Design Thinking und dem Lean Startup-Ansatz. Prof. Lehmann erklärt das Format wie folgt: „Erwachsene tendieren dazu, Probleme und Herausforderungen auf dem direkten Weg zu lösen. Nur ist der direkte, naheliegende Weg meist nicht der beste. Wir nehmen uns viel Zeit, das Problem zu drehen und zu wenden, aus mehreren Perspektiven zu betrachten, um eben nicht die naheliegende, sondern die beste Lösung zu finden. Diese Lösung setzen wir dann mit Instrumenten von Start-ups um: schnell, kundenorientiert und mit dem Mut, unfertige Lösungen auf den Markt zu werfen. Das ist neu für etablierte Unternehmen, die sich schwer tun, Unsicherheit auszuhalten und von der gewohnten Perfektion abzuweichen. Aber die Ergebnisse geben uns recht.“
Die Teilnehmer, vom Abteilungsleiter bis zum Studenten konnten sich, je nach Interessenlage, einem sechs- bis achtköpfigen Team anschließen. Mit agilen, kreativen Methoden und mit Unterstützung von Coaches wurde ab Donnerstagnachmittag mit Hochdruck an den Ideen gearbeitet. Am Freitag wurden die Konzepte konkretisiert und interessante Prototypen entwickelt. Im Finale präsentierten die Teams ihre Ergebnisse anschaulich mit Kurzfilmen oder Live-Rollenspielen und mit Lego oder anderweitig gebauten Modellen.
Hintergrund-Information zum Kreathon
Zu dem Kreathon “Urbane Logistik” hatten zusammen mit der Hochschule Hannover die Unternehmen und Institutionen Volkswagen Nutzfahrzeuge, enercity AG, Deutsche Post DHL Group, BOSCH SoftTec, KPMG, Hannover Impuls, Deutsche Messe, Bundesvereinigung für Logistik (BVL) und das Entrepreneurship-Center der Hochschule Hannover (NEXSTER) eingeladen. Er wurde in Kooperation mit der Projektinitiative “Urbane Logistik Hannover” (www.urbane-logistik.de) veranstaltet.
Zu Beginn der zwei Tage nahm Wolfgang Müller-Pietralla, Leiter Zukunftsforschung und Trendtransfer im Volkswagen-Konzern, die Anwesenden mit in die Stadt von Morgen: Autonomes Fahren, E-Mobilität, viel Grün, wenig Lärm, kaum Emissionen, kompaktes und nachhaltiges Zusammenspiel von Leben und Arbeiten. Lösungen für Morgen müssen nach Müller-Pietralla adaptierbar und beweglich sein und den Menschen in den Mittelpunkt stellen. Kooperationen, wie hier im Kreathon, sind für die Suche von Lösungen für die Zukunft wichtig und unverzichtbar, egal ob es sich um den Aufbau von Smart Cities, Klimawandel, die Gesundheit oder die Cybersicherheit handelt.
Beim Kreathon standen 15 komplexe Logistikaufgaben zur Bearbeitung. Die Stadt Hannover sucht beispielsweise nach Ideen, wie Städte die Entwicklungen emissionsfreier Wirtschaftsverkehre im Dienstleistungssektor nachhaltig, verkehrs- und flächensparend gestalten können. enercity wünscht sich Ladelösungen für Elektroautos von Bewohnern von Wohnanlagen mit gemeinschaftlichen Parkflächen. Das Problem der Deutschen Messe AG ist der sichere, flexible und relativ schnelle Transport von Besuchern über das weitläufige Messegelände in Hannover.